#6 NS-Spurensuche in Köln

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Podcast "Mal nach den Rechten schauen"
#6 NS-Spurensuche in Köln
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Wusstet ihr, dass es Hakenkreuze am Kölner Dom gibt? Seid ihr euch bewusst, dass ihr bei einem Besuch in der Messe Deutz auf Boden eines ehemaligen Konzentrationsaußenlagers steht?

In der sechsten Folge von „Mal nach den Rechten schauen“ nehmen euch Klara und Livia mit auf einen Stadtspaziergang durch Köln.

Wenn es um die Geschichte der eigenen Familie geht, wissen viele, nach dem Motto „Opa war kein Nazi“ (Welzer u.a., 2002), nicht, wie sich einzelne Familienmitglieder während der NS-Zeit verhielten. Aber wissen wir um die Vergangenheit der Städte, in denen wir leben? In dieser Folge gucken wir uns Teile der NS-Geschichte von Köln an, der Stadt, in der die meisten unseres Autor:innenkollektivs wohnen.

Auf NS-Spurensuche sind wir insgesamt nicht mehr als zwei Kilometer durch die Kölner Innenstadt spaziert. Dabei sind wir einer 1990 verlegten Spur von Künstler Gunter Demnig, dem Erfinder der Stolpersteine, gefolgt, haben Hakenkreuze am Kölner Dom entdeckt und das ehemalige Konzentrationsaußenlager Messe-Deutz besucht. Außerdem waren wir beim ersten verlegten Stolperstein am Kölner Rathaus.

Am Beispiel dieser Orte werfen wir juristische Fragen auf, die sich im Kontext ‚Erinnern an die NS-Zeit‘ stellen. Wie sollte das Denkmalschutzrecht mit Relikten aus der NS Zeit umgehen? Ist eine Informationspflicht hierüber sinnvoll? Können antisemitische Darstellungen eine Beleidigung nach dem StGB darstellen? Die strafrechtliche Aufarbeitung der NS-Zeit spielte in unserer Ausbildung keine Rolle. Die strafrechtliche Aufarbeitung und Entschädigung von Opfern von Orten wie der Kölner Messe ist jedoch noch immer unvollständig und somit aktuell relevant.

Wir sprechen unter anderem dazu hoch oben auf den Türmen (Fialen) des Kölner Doms mit Matthias Deml, Kunsthistoriker und Pressesprecher der Kölner Dombauhütte und mit Dr. Karola Fings. Dr. Fings ist ehemalige stellvertretende Leiterin des NS-Dokumentationszentrums in Köln (ein Besuch lohnt sich!) und forscht an der Forschungsstelle Antiziganismus an der Uni Heidelberg. Sie war Teil der Projektgruppe Messelager, die die Geschichte des Messelagers erforschte und nahm die Recherchen vor, die zur Verlegung der von uns gefolgten „Spur“ führten. Das LVR-Amt für Denkmalpflege beantwortete uns einige rechtliche Fragen schriftlich. Vielen Dank an alle Beteiligten.

Was habt ihr auf euren Spaziergängen herausgefunden? Was denkt ihr zu den aufgeworfenen Fragen des Denkmalschutzrechts? Verlinkt uns & wir diskutieren gerne mit euch darüber. #MalnachdenRechtenSchauen

Redaktion & Moderation

Livia Giuliani

Klara Miran Ipek

Korrekturen

  • Die Spur von Gunter Demnig wurde 1990 verlegt, nicht 1980, wie im Podcast erwähnt.
  • Im Lagerkomplex der Kölner Messe befand sich neben dem KZ Außenlager Buchenwald auch ein Kriegsgefangenenlager, ein Polizeihilfsgefängnis der Gestapo sowie Lager für zivile Zwangsarbeiter:innen. Die von uns im Podcast genannten Spekulation der Zahlen zu KZ-Häftlingen beziehen sich auf alle Lager gemeinsam. Die Zahl der Menschen, die im KZ-Außenlager waren, ist bekannt und beläuft sich auf rund 6000 Häftlinge (Fings 1996, s.56). Insbesondere die Zahl der Häftlinge im Gestapolager am Tanzbrunnen ist jedoch schwer zu bestimmen.

Shownotes

TIPP: Wir möchten euch dazu einladen, auf einem eigenen Stadtspaziergang auf NS-Spurensuche zu gehen. Dafür ist das  NS-Dokumentationszentrum im Gebäude des ehemaligen Kölner Gestapo-Gefängnisses ein idealer Startpunkt.

STOLPERSTEINE Der Künstler Gunter Demnig ist Erfinder der Stolpersteine, die als das größte dezentrale Mahnmal der Welt gelten. An den Stolpersteinen wird teilweise kritisiert, dass das Andenken der auf den Messinglettern Verewigten mit Füßen getreten werde. (u.a. Knobloch) Gunter Demnig sagt, dass man nicht mit den Füßen aber mit dem Herzen über die verlegten Messingtafeln stolpern solle. Auf seiner Internetseite gibt er außerdem auch den Tipp, dass man diese mit Scheuermilch polieren könne. Auf der Seite des NS-Dokumentationszentrums Köln gibt es eine Online-Karte der in Köln verlegten Stolpersteine: NS-Dokumentationszentrum Köln – | Karte (museenkoeln.de).

Im Zusammenhang mit NS-Spuren an Denkmälern sprechen wir auch über antijudaistische Darstellungen und die Klage eines jüdischen Klägers, der sich durch das antisemitische Relief an der Stadtkirche in Wittenberg beleidigt fühlt. Im Mai 2022 entscheidet der Bundesgerichtshof über die Klage. Antijüdisches Relief in Wittenberg wird Fall für Bundesgerichtshof | MDR.DE

Der Entwurf für ein neues Denkmalschutzgesetz NRW ist auf der Webseite des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen zu finden. Kritisch diskutiert wird der Entwurf u.a. von der deutschen Stiftung Denkmalpflege.

Lesetipps

  • Boggräfe, Henning: Zwangsarbeiterentschädigung: Vom Streit um »vergessene Opfer“ zur Selbstaussöhnung der Deutschen, Göttingen, 2014.
  • Fings, Karola: Stolpersteine: Gunter Demnig und sein Projekt, herausgegeben vom NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln, Köln, 2007.
  • Fings, Karola: Messelager Köln. Ein KZ-Außenlager im Zentrum der Stadt, Köln, 1996.
  • Fings, Karola, Von der Konfrontation zu Aufklärung und Entschädigung: Die Projektgruppe Messelager und die Aufarbeitung der NS-Zwangsarbeit, in: Hajo Leib (Hg.), Empathie und Engagement. Drei Jahrzehnte Kölner Zeitgeschichte: Verein EL-DE-Haus. Förderverein des NS-Dokumentationszentrums der Stadt Köln, Köln 2017, S. 95-106
  • Möring, Niklas: Der Kölner Dom im Zweiten Weltkrieg, Köln, 2011.
  • Matzerath, Horst: Köln in der Zeit des Nationalsozialismus: 1933-1945, Köln, 2009.
  • Schlüter, Harald; Openek, Klaus; Deml, Mathias und Füssenich, Peter: Der Kölner Dom und „die Juden“: Ein thematischer Rundgang, Köln, 2021
  • Schulz, Nina  und Mena Urbitsch, Elisabeth, Spiel auf Zeit. NS-Verfolgte und ihre Kämpfe um Anerkennung und Entschädigung, Berlin/Hamburg 2016
  • Tschugnall, Karolina; Welzer, Harald und Moller, Sabine: „Opa war kein Nazi“, Nationalsozialismus und Holocaust im Familiengedächtnis, Frankfurt am Main, 2002.

 

Mit freundlicher Unterstützung der Rosa Luxemburg Stiftung.

„Hohenzollernbrücke, Cologne“, by glasseyes view, CC-BY-SA 2.0 (https://flic.kr/p/aDZJaZ)

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